Feststellung des Jahresabschlusses 2009

Der Gemeinderat hat am 11.12.2012 gemäß § 96 Abs. 1 GO NRW die geprüfte Bilanz der Gemeinde Gangelt zum 31.12.2009 mit der Bilanzsumme von 105.259.326,66 € bei drei Gegenstimmen der UB Gangelt festgestellt. Der Jahresfehlbetrag in Höhe von 122.401,35 € wird durch Entnahme aus der Ausgleichsrücklage gedeckt.

Ferner hat der Gemeinderat gemäß § 96 Abs. 1 GO NRW dem Bürgermeister für die Aufstellung der Bilanz zum 31.12.2009 vorbehaltslos bei drei Gegenstimmen der UB-Fraktion Entlastung erteilt.

Unser Ratsmitglied, Roger Schröder, hat in der Sitzung des Gemeinderates die Ablehnung – wie folgt – begründet:

„Vorab möchte ich klarstellen, dass ich mit meiner Stellungnahme nicht die Arbeit der an der Aufstellung der Bilanz beteiligten Personen kriti­siere, die sicherlich alles Erdenkliche getan haben, um uns diesen kom­plexen Jahresabschlussentwurf vorzulegen.

Meine Kritik richtet sich vielmehr gegen den formalen Ablauf zur Auf­stellung des Jahresabschlusses und zu einem inhaltlichen Punkt der Bilanz.

Sofern ich die Entlastung verweigere, habe ich nach § 96 GO NRW die Gründe dafür anzugeben, die ich hiermit nachfolgend zu Protokoll gebe.

Das gesetzlich normierte Aufstellungsverfahren des Jahresabschlus­ses sieht vor, dass der Entwurf des Jahresabschlusses (und nicht der endgültige Jahresabschluss!) vom Kämmerer aufgestellt und dem Bürgermeister zur Bestätigung vorgelegt wird.

Danach leitet der Bürgermeister innerhalb von 3 Monaten nach Ablauf des Haushaltsjahres den von ihm bestätigten Entwurf dem Rat zur Feststellung zu. Durch den Evaluierungsbericht zum NKF ist diese Frist durch das Ministerium für Inneres und Kommunales auf 5 Monate ver­längert worden. Unter Beachtung dieser Vorschriften hätte der Entwurf dem Rat spätestens zum 31.05.2010 vorliegen müssen!

Wie wir alle wissen, war wegen des zeitintensiven Aufstellungsverfah­rens der Eröffnungsbilanz die Einhaltung dieser gesetzlichen Frist nicht umsetzbar.

Aber unabhängig von der Einhaltung der Frist muss festgestellt werden, dass nach Feststellung der Eröffnungsbilanz 2009 im Dezember 2011 im Jahr 2012 keine Zuleitung des Jahresabschlussentwurfes an den Rat erfolgt ist, der diesen an den Rechnungsprüfungsausschuss (RPA) hätte weiterleiten können.

Die Zuleitung an den Rat bedeutet nicht, dass dieser den Entwurf un­mittelbar festzustellen hat. Er nimmt den Entwurf nur entgegen, um ihm dem RPA zur Prüfung weiterzuleiten.

Im Rahmen der Anzeige des Jahresabschlusses bei der Aufsichtsbe­hörde hat diese nicht nur den Jahresabschluss zu prüfen, sondern soll auch festzustellen, ob das gesetzlich bestimmte Aufstellungsverfahren ordnungsgemäß abgelaufen ist und müsste m.E. die fehlende Zuleitung an den Rat vor Weiterleitung an den RPA als Rechtsverstoß bean­standen.

Des Weiteren stellt die WP-Gesellschaft in ihrem Bericht zwar den Ge­setzesverstoß wegen der nicht fristgerechten Aufstellung fest, zieht hie­raus aber keine Konsequenzen.

In diesem Zusammenhang zitiere ich die Ausführungen in der NKF-Handreichung (4. Auflage):

„Die Einhaltung der Aufstellungsfrist gehört ebenfalls zur ordnungsmäßi­gen Buchführung der Gemeinde, so dass bei einer Überschreitung der Frist die gemeindliche Buchführung nicht mehr als ordnungsmäßig an­gesehen werden kann, auch wenn wegen bei einer tatsächlich eingetre­tenen Überschreitung keine aufsichtsrechtlichen Maßnahmen ergriffen werden.“

Demnach hätte m.E. die Nichtordnungsmäßigkeit im Bestätigungsver­merk festgestellt werden müssen.

Nach den formellen Beanstandungen, die sicherlich einer Feststellung der Bilanz nicht im Wege stehen würden, komme ich nun zu meiner in­haltlichen Beanstandung. Vor der Sitzung des RPA hatte ich für die UB-Fraktion in zwei eMails an den Kämmerer Fragen zum Entwurf des Jahresabschlusses gestellt, die in der Sitzung größtenteils beantwortet wurden und nicht weiter thematisiert werden.

Für mich offen geblieben ist die zutreffende Höhe des Bilanzansatzes „Instandhaltungsrückstellungen“. Nach § 36 Abs. 3 GemHVO besteht die Möglichkeit für unterlassene Instandhaltungen von Sachanlagen Rückstellungen in den kommunalen Bilanzen anzusetzen, wenn die Nachholung der Instandhaltung hinreichend konkret beabsichtigt ist und als bisher unterlassen bewertet werden muss.

Das Kriterium „als bisher unterlassen bewertet“ ist für mich nur zweit­rangig, da bei vielen kommunalen Sachanlagen in den letzten Jahren wegen der prekären Haushaltssituation nicht viel bzw. nur das Nötigste gemacht worden ist.

Das Kriterium „hinreichend konkret beabsichtigt“ ist für mich von grö­ßerer Bedeutung. Nach den Ausführungen in der NKF-Handreichung muss die Bildung einer gemeindlichen Rückstellung nicht nur an eine vergangene Handlung der Gemeinde anknüpfen, sondern vielmehr eine Abgeltung dieser abgeschlossenen gemeindlichen Handlung darstellen, d.h. die Gemeinde muss einen betreffenden örtlichen Sachverhalt bereits in ihre örtliche Haushaltsplanungen einbezogen bzw. entsprechende gemeindliche Leistungen oder Ansprüche in ihrem Haushaltsplan für das betreffende Jahr veranschlagt haben.

Nach der NKF-Handreichung erfordert die Erfüllung des Kriteriums „hin­reichend konkret beabsichtigt“, dass die vorgesehenen Instandhal­tungsmaßnahmen im Einzelnen in den produktorientierten Teilplänen im gemeindlichen Haushaltsplan konkret für das Haushaltsjahr veran­schlagt werden (§ 11 GemHVO NRW). Auch für die drei dem Haus­haltsjahr folgenden Planungsjahre ist eine entsprechende jahresbezo­gene Veranschlagung vorzunehmen.

Schauen Sie sich aber den dem Bilanzstichtag 31.12.2009 folgenden Haushaltsplan für 2010 (nebst mittelfristigen Planungszeitraum) an, so werden Sie feststellen, dass keine der in der Rückstellung von über 500 T€ angesetzten Maßnahmen veranschlagt worden ist.

Es mag sein, dass zum Bilanzstichtag ein derartiger Instandhaltungsstau bestanden hat. Jedoch ist für mich, insbesondere mit Blick auf den Haushaltsplan 2010, zum Bilanzstichtag 31.12.2009 keine hinreichend konkrete Absicht zur Nachholung erkennbar, die aber Voraussetzung für den Ansatz der Rückstellung wäre.

Ebenso ist für mich das Kriterium „Wahrscheinlichkeit der Realisie­rung“ zum Bilanzstichtag nicht erfüllt. Die Gemeinde hat anhand ihrer Leistungsfähigkeit und ihrer wirtschaftlichen Möglichkeiten die Realisier­barkeit der einzelnen Instandhaltungsmaßnahme zu ermitteln und eine Verknüpfung zu ihrer Haushaltsplanung herzustellen. Nach der NKF-Handreichung kann das Kriterium mindestens dann als erfüllt betrachtet werden, wenn im gemeindlichen Haushaltsplan für das neue Haus­haltsjahr die notwendigen Instandhaltungsmaßnahmen konkret in den produktorientierten Teilplänen veranschlagt worden sind (vgl. §§ 3, 4 und 11 GemHVO NRW). Gerade dies ist aber im Haushaltsplan 2010 nicht erfolgt und war wahrscheinlich wegen der weit über 1 Mio. € liegenden Planverluste auch wirtschaftlich nicht realisierbar.

Aus den vorgenannten werde ich dem Beschlussvorschlag nicht zu­stimmen.“

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